Heizkreisverteileranschlusssets, Estrich unten statt oben und: Ich bin Künstler, lasst das so!

Zwar friert’s draussen grad, aber verwunderlicherweise scheint seit Tagen die Sonne und das hebt meine Stimmung ganz erheblich. Und: In den vergangenen rund zwei Wochen ist im Sonnenhaus mehr vorwärts gegangen als in den zwei Monaten davor. Was ich zunehmend verstehe: Bauherrschaft sein bedeutet äußerste Flexibilität in Bezug auf jede Form von Ablaufgeschwindigkeiten zu behalten. Mal geht über Monate quasi gar nix. Weil die Handwerker keine Zeit haben. Weil die Baukasse leer ist. Weil irgendein Bescheid/Genehmigung/Bauteil fehlt. Und dann kann man plötzlich kaum wieder so schnell die Fortschritte wahrnehmen, wie sie passieren – weil auf den Fortschritten von gestern heute schon der Estrich liegt. Harter Tobak für jegliche Stressresistenz. Und wenn dann noch von heute auf morgen acht Bigpacks Lehm gebraucht werden, der Händler in den Ferien ist und der eilig georderte LKW aber scheinbar nicht durch unser Tor passen will – dann ist man versucht, dem Fahrer nach erfolgreicher Tordurchfahrt (ja, die gab es!) einen Schnaps zu servieren. Dieser Mann, auf dem Foto im leuchtgrünen Oberteil, ist für mich der Sonnenhaus-Held des Monats Februar.

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Aber mal ganz von vorne. Zuerstmal haben wir es tatsächlich und wirklich geschafft, dass die Sanitärinstallateure hier waren und die vom Chefarchitekten und Chefschwiegervater höchstpersönlich verlegten Wandheizungsleitungen in Richtung künftigem Heizkessel weitergeführt haben. Dann verschwanden sie zur schönsten Tagesmitte plötzlich von der Baustelle. Kein Gruß, kein Adé … einfach weg, ohne Wiederkehr. Nix: Gekommen, um zu bleiben. Und wir wussten nicht genau warum. Eine halbe Woche später fanden wir heraus: Es lang an einem fehlenden Bauteil. Oder vielmehr an zweien. Es fehlten (bitte FESTHALTEN und langsam lesen) zwei Heizkreisverteileranschlusssets. Schon klar, dass man das nicht sagen kann; ich stolpere ja auch immernoch über dieses Wort. Die Besorgung der beiden Heizkreisverteileranschlusssets, die wir jetzt erfolgreich abschliessen konnten, beschleunigt den Einbau der dringend erwarteten Heizung hoffentlich ganz erheblich. Warum ich über all das schreibe? Nicht, um die Sanitäre in die Pfanne zu hauen, das sind total liebe und fähige Menschen, die in der aktuell angespannten Personallage auch nur tun, was man eben so tun kann. Nein, das hat einen anderen Grund: Ich muss es einfach nochmals bringen, weil dieses Wort Heizkreisverteileranschlussset eine so tolle Schöpfung ist, dass es die selbst die finnische Übersetzung von „Fotograf“ –  „valokuvaaja“ aus meiner Sicht wirklich total in den Schatten stellt. Wobei: Was Heizkreisverteileranschlussset wohl auf finnisch heißt? Ich hab gegoogelt. Und hab es nicht herausgefunden. Nur „Heizkreisverteiler“ war zu finden: „lämmityspiiri“. Vermutlich ist man, bevor man das Wort „Heizkreisverteileranschlussset“ auf finnisch ausgesprochen hat, zwischendurch längst erfroren – bei dem Winter…

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Egal. Irgendwann kommen die Sanitäre wieder und schließen unser Heizkreisverteileranschlussset mit der Gas-Brennwerttherme zusammen und dann, tataaa, können wir mit der Wandheizung den Lehmputz sanft trocken heizen. Der ist in unseren Wohnräumen nämlich auch schon an der Wand. In den Gästezimmern nicht, denn da geht’s noch nix voran – es fehlt ein Bescheid. Irgendein Bescheid fehlt halt immer.

Aber die Gästezimmer sind im Moment ja auch nicht das Allerwichtigste, sondern die Küche. Weil: Kein Einzug ohne Küche. Und für die brauchten wir den Estrich-Mike. Der Estrich-Mike heißt Estrich-Mike weil er Mike heißt und Estrich verlegt. Und es gibt vermutlich noch einen anderen Grund: Seine Estrichpumpe heißt Estrich-Boy. Und davon hat sich der Mike bei der Namensfindung für seine Estrich-Firma vermutlich inspirieren lassen. Wobei, Estrich: Den Schweizer Lesern fällt dabei natürlich zuerst das ein, was im Hochdeutschen der Dachboden ist. Also, liebe Deutsche, wenn Ihr mal zu Besuch in der Schweiz seid und vom Estrich hört: Es ist nicht das, worauf man steht – sondern der Lagerraum zwischen oberstem Geschoss und Dach. Dabei frage ich mich grade, wofür man die Firma „Estrich-Mike“ in der Schweiz wohl landläufig halten würde. Für ein Entrümpelungsunternehmen? Er kann ja expandieren – ich werd’s ihm sagen…

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Der Estrich-Mike, der Estrich-Boy und die anderen Estrich-Jungs standen jedenfalls am Donnerstagmorgen vor der Sonnenhaus-Tür. Ich rollte mit dem Auto Richtung Hof und wunderte mich mächtig drüber. Wir hatten die Tage vorher nämlich intensivstens den Wetterbericht verfolgt und dachten: Dat wird nix, zu kalt. Und dass Handwerker nicht absagen, das kennen wir schon. Eine Art regionale kulturell-gesellschaftliche Gepflogenheit sozusagen. Wir fürchteten: Der Programmpunkt „Estrich“ auf März, April oder sonstwenn verschoben. Aber nee: Alles wie bestellt und erhofft. Das Estrich-Legen in Gartensaal und Küche – den einzigen Räumen mit Fussbodenheizung – ging, wie man das von den Estrich-Boys gewohnt ist, ratz-fatz. Um halb zwölf tranken die Boys dann noch einen Kaffee (außer dem kleinen orangen, der blieb draussen, nimmt ja eh immer nur Wasser) und waren dann allesamt wieder weg – Richtung nächste Baustelle.

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Auch der Elektriker, der „kurz nach dem Pferdemarkt“ vorbeikommen wollte, hat jetzt im Januar mächtig Gas gegeben – und ohne einen Samstagseinsatz seinerseits wär‘ das auch alles nicht gegangen. Also, man darf das nicht falsch verstehen: Er war „kurz nach dem Pferdemarkt“ da, solange man weltgeschichtliche Zeitdimensionen anwendet. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut und die Sagrada Familia ist auch noch nicht fertig. Genauso wie der Kölner Dom, wenn man’s genau nimmt. Ich will mich also nicht beschweren, um Himmels willen.

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Wenn keine Handwerker da sind, kann man natürlich auch die Ruhe genießen. Die Sonne zaubert uns immer wieder schöne Stimmungen ins Haus und ich kann mich an den Schattenspielen der neuen Fenster wirklich und ganz ehrlich ergötzen. Leider liegt unser Büro – noch – nach Norden raus, so dass wir das schöne Wetter jeweils nur erahnen. Aber die Sonne treibt Spaziergänger nach draussen und so klopfte es gestern unvermittelt an unserer Türe. Ein Herr mit Pferdeschwanz und buntem Schal – und einer Entschuldigung: Verzeihen Sie, sagte er, ich gehe immer wieder an Ihrem Haus vorbei und, ja, also, ich bin Künstler und wollte fragen: Was haben Sie denn für Farbflecken an der Fassade? Wir: Das sind Farbproben. Er: Also, ganz ehrlich, ich würde sagen, lassen Sie das Haus so. Es sieht toll aus, nur mit den scheckigen Steinen. Und verzeihen Sie die Störung – und einen schönen Tag noch! Und er verschwand.

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